Ein Gastbeitrag von Gerd Wagner
Seit März 2001 beobachte ich zwar Marburg mehr von außen,
bekomme aber immer noch genug mit, um mir um das KFZ Sorgen zu machen.
Mein Weggang wurde damals zwar einerseits durch die verlockende
Aussicht, einen Lebenstraum zu verwirklichen, befördert, andererseits
durch die ungenügenden Perspektiven für die Kulturarbeit
in Marburg nicht gerade gebremst. Es scheint sich dort seitdem wenig
zum Guten verändert zu haben. Dieser Artikel nimmt viele Gedanken
fast wörtlich noch einmal auf, die ich mir anlässlich
meines Abschieds von Marburg gemacht hatte und die im KFZ-Februarheft
2001 schon einmal so oder so ähnlich abgedruckt waren. Leider
gibt es noch keinen Grund, von diesem Text vier Jahre später
Abstriche zu machen.
Leider drängt sich mir der Eindruck auf, dass die Verantwortlichen
in dieser Stadt nicht wirklich erkannt haben, was für einen
Schatz sie in Form dieser Kulturszene in ihren Mauern haben. Oder
sie habens erkannt, glauben aber, ohne allzu große Zugeständnisse
davon profitieren zu können. Jahrzehntelang hat die Stadt es
trotz wiederholter Mahnungen versäumt (oder gar
verhindert?), ein Konzept für freie Kulturarbeit aufzustellen,
das die Ideen und die Energie, die ja da sind (bzw. waren), positiv
nutzt. Man musste immer und immer wieder den Eindruck haben, das
alles, aber auch alles in Marburg wichtiger ist als Kultur, wenn
wirklich gute Konzepte aufgrund von vorgeschobenen z.B. Finanzierungsengpässen
(die aber merkwürdigerweise nicht gelten, wenn etwas wirklich
politisch gewollt ist) städtischerseits gekippt wurden. Dass
mal für ein vielversprechendes kulturpolitisches Konzept gekämpft
worden wäre wie für eine neue Umgehungsstraße oder
einen Bebauungsplan, hat man bisher äußerst selten erlebt.
Und dass Marburg (noch) einen so guten Ruf als Kulturstadt hat,
ist kaum darauf zurückzuführen, dass die Stadt
selbst allzu viel dazu getan hätte. Die Bedeutung der Kultur
für das Gemeinwesen und für die einzelnen Menschen wird
offenbar unterschätzt, und die Folgen des sorglosen Umgangs
mit ihr werden irgendwann deutlich werden.
Ich finde das Thema selbst langweilig, weil das KFZ-Team es ja
über die Jahre gebetsmühlenartig bei allen möglichen
Gelegenheiten, auch an dieser Stelle, wiederholt hat: Die Generalfrage
der finanziellen Grundversorgung hängt als Damokles-Schwert
über der Arbeit. Aber ein wichtiger kulturpolitischer Aspekt
ist damit auch verbunden: Wegen dieser leidigen Geld-Problematik
besteht ja auch immer die Gefahr, dass wichtige, erfahrene Leute
den Absprung machen (müssen), weil sie nicht erwarten dürfen,
dass sie hier genug verdienen, um ihren haha, für 20-jährige
ein lustiges Wort: Lebensabend in Marburg erleben zu können,
so gern sie das auch möchten. Denn was nützen solche Träume
(die für die Normalbürger realistische Perspektiven sind),
wenn die Aktivisten der Kulturszene finanziell auf einem Niveau
rumkrebsen müssen, das weder Sprünge in die eine noch
in die andere Richtung zulässt. Die wunderbare, äußerst
willkommene selbstausbeuterische Art vieler Kulturschaffenden (auch
im KFZ), nicht so aufs Geld zu gucken, sondern hauptsächlich
Spaß an der Arbeit bis zum Umfallen haben zu wollen, rächt
sich spätestens, wenn es sich nicht mehr wegdiskutieren (oder
wegtanzen) lässt, dass man entweder doch nicht im Lotto gewonnen
hat oder nicht mehr rechtzeitig in andere, solide Berufe
wechseln kann.
Das KFZ macht nun Ernst. Lang genug war der Atem, immerhin 28 Jahre
lang, nun geht die Puste aus. Trotz vorbildlicher Ergebnisse hinsichtlich
seiner Effektivität und Wirtschaftlichkeit, ganz zu schweigen
von der Qualität seines Programms, ist das Ende der Fahnenstange
erreicht. Nun muss die Stadt entscheiden, ob sie optimale
Kulturarbeit honorieren oder stattdessen andere Schwerpunkte setzen
will ich bin mal gespannt, ob ich überrascht bin.
Gerd Wagner
1979 1986 ehrenamtlicher, 1986 2001 hauptamtlicher
KFZ-Mitarbeiter, seit 2001 Geschäftsführer der Deutschen
Burgenvereinigung zur Erhaltung historischer Wehr- und Wohnbauten
e.V., Braubach/Marksburg
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