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Generationswechsel im KFZ


Ein Interview mit Gero Braach


Seit 1985 hast du dich im KFZ hauptamtlich engagiert, hast über Jahrzehnte als Geschäftsführer das KFZ auf dem Weg von einer Folk Garage zu einem renommierten Kulturzentrum nach außen vertreten und bist für viele in der Stadt und auch auf Landesebene das Gesicht des KFZ. Außerdem hast du die LAKS und die LKB Hessen mit aufgebaut, hast über 29 Jahre dein Wissen in verschiedenen Beiräten des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst für Mittelvergabe eingebracht und warst fast zehn Mal als Lehrbeauftragter an der Universität Marburg tätig. Wenn du jetzt zurückschaust, was würdest du als deinen wichtigsten Erfolg beschreiben?


Antwort: Auf die persönliche Ebene bezogen: Ich habe all die Jahre sehr gewissenhaft wie engagiert gearbeitet und war mir selbst und der Familie gegenüber streng getaktet. Ich bin also froh, dass ich dennoch gesund aus dem KFZ gehe. Ein wenig habe ich das sicherlich auch der früh getroffenen Entscheidung zu verdanken, grundsätzlich mit dem Rad zur Arbeit zu fahren, was mir so ca. 20 KM täglich Radfahren, Bewegung und Frischluft einbrachte.
Ein inhaltlicher Punkt auf das KFZ bezogen ist sicherlich der, Kultur und Politik zusammen zu denken. Im tatsächlichen Programm wie in der Außenvertretung. Sonst wären die von mir federführend geleiteten Aufbauten der beiden Landesverbände von LAKS und LKB nicht denkbar gewesen. Aber ebenso steht das KFZ als Anlaufstelle für Debatten in der links-alternativen Szene.
Was mir ganz erstaunlich im Nachhinein erscheint ist, dass ich die Geschäftsführung seit 1990 vom Vorstand angetragen bekam, ich aber nie eingetragener Geschäftsführer mit Weisungsbefugnis war. Das heißt, mir ist es gelungen, diesen Sack Flöhe zusammen zu halten, ohne diese in der Wirtschaftswelt üblichen Dinge wie Hierarchien, Abmahnungen o.ä. zu benutzen, qua Gedankenkraft, persönlicher Überzeugungsfähigkeit oder was auch immer dazu notwendig war. Dies über Jahrzehnte hinzubekommen ist sicherlich eine ganz erstaunliche Leistung und ist vermutlich nur in der Aufbauzeit denkbar, in der sich viele MitarbeiterInnen einfach als Selbstständige gefühlt und an einem Strang gezogen haben.
Das KFZ und seine Lebendigkeit hat von den Hauptamtlichen aber auch von den Ehrenamtlichen profitiert. Diese vielen Ehrenamtlichen gehörten für mich immer dazu und das macht das KFZ auch bundesweit sehr einzigartig.


Diese Frage muss natürlich sein: Welche 5 Veranstaltungen würdest du deine Highlights nennen?

Leo Bassi (nach einem grandiosen Auftritt Bassi gehonigt und gefedert bei Mac Doof einen Mac Chicken bestellen zu sehen) Station 17, (die beiden downsyndrom Sänger, die sich während des Stücks darüber lustig machen, dass ihre Betreuer es nicht checken, dass sie was trinken wollen) eine Zugabe von Stoppok, Colosseum, Billy Cobham, ...


Welche Begegnungen haben dich besonders bewegt und vielleicht auch beeinflusst?

Meine jahrzehntelange gute Zusammenarbeit mit Gerti Diermaier die mir bis heute freundschaftlich verbunden ist, die ich regelmäßig treffe.


Gibt es noch die ein oder andere Anekdote, die erzählt werden muss? Welcher skurrile Moment fällt dir ein? Mit welcher absurden Geschichte kannst du uns zum Schmunzeln oder Kopfschütteln bringen?

Als ich unseren damaligen Vermieter der Schulstr. 6 im Nachbarhaus besuchte, der wegen seines Schlaganfalls im Gespräch mit mir nicht mehr auf die entsprechenden Worte kam und irgendwann anfing lauthals zu lachen und meinte: „Jetzt siehst Du mal wie blöd ich geworden bin”. Mit diesem Mann habe ich grundsätzlich und immer lachen müssen, das war unglaublich wohltuend.
Mit eines der besten Dinge im KFZ war die Unterschiedlichkeit des Angebots und entsprechend des Publikums. Bei UK Subs, mit damals 450 Pogo tanzenden Punks im KFZ und drei Tage später klassische Chinesische Musik von vor 2500 Jahren mit den entsprechend gut angezogenen Sinologen...was da alles in der Schulstraße zusammenkam war beachtlich und hat auf engem Raum gezeigt: Die Welt ist groß und glücklicherweise sehr unterschiedlich.

Chris Farlowe hat bei uns ja bestimmt zehn Mal gespielt. Einmal sah er ein Plakat von sich im KFZ hängen, auf dem stand „Chris Farlowe, 50 years on stage”. Er dachte kurz nach und sagte dann sinngemäß, das wäre zu wenig, er habe schließlich schon als Kind mit seiner Mutter am Klavier für Soldaten gesungen. Ob er denn nicht langsam ans Aufhören denke? Er würde gerne bis zum Schluss dieses Leben auf der Bühne so weiterleben!


Und was kommt jetzt? Wir freuen uns sehr, dass du dich auch weiter im KFZ in Projekten wie dem Tag der kulturellen Vielfalt engagierst. Aber du hast dich schon während deiner Zeit im KFZ auch für andere Projekte engagiert, beispielsweise die European Jazz School für den Hessentag ins Leben gerufen und auch dein großes Interesse an gesellschaftspolitischen Themen wird nicht über Nacht verschwunden sein. Gibt es Projekte und Ideen, die du verfolgst und auf die wir uns mit dir freuen können? Wie sind deine Pläne?

Im Augenblick scheue ich mich noch, Pläne zu entwickeln. Bzw. ich hätte schon wieder was auf Lager, aber ich werde mich hüten dies zu sagen, denn das schafft Eigendynamiken die mich wieder binden, das möchte ich augenblicklich noch nicht. Ich komme jetzt erst einmal zur Ruhe und gebe mir selber Zeit! Aber das ich politisch bin und bleibe, das ist selbstverständlich. Außerdem stehe ich natürlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung und kann mich noch nicht gänzlich frei fühlen. :)

Wirst du etwas vermissen?

Das kann ich augenblicklich noch gar nicht bewerten, das ist noch zu frisch. Microsoft hatte mir neulich eine wunderschöne Nachricht geschickt, über die ich echt lachen musste.
„Betreff: Erkenntnis des Monats: Sie haben im letzten Monat null Stunden in Sitzungen verbracht.”
Das muss ich erst noch ausgiebig genießen!!!

(Foto/v.l.: Christian Corth, Anna Lena Rothenpieler, Gero Braach)