Rettet Rot-Grün das KFZ?
Rot-Grün rettet das KFZ!
Die Kulturpolitik darf sich in der Bundespolitik an letzter
Stelle wähnen, weil der Kulturstaatsministerposten noch
nicht besetzt ist. Die einzig sinnvolle Personalie, die den Kulturstaatsminister
ausgefüllt hätte ist schon Bundestagspräsident.
Die Stellung der Kulturpolitik ist auf kommunaler Ebene zum Glück
anders. Marburg hat für 2005 im Kulturbereich eine Haushaltskürzung
von 100.000 Euro hinnehmen müssen, die im Jahr 2006 - dank
politischer Kraftanstrengungen der Rot-Grünen Koalition - wieder
rückgängig gemacht wird. Sprich: es fließen trotz
eines Kürzungshaushalts der Stadt Marburg in 2006 ca. 100.000
Euro mehr in den Kulturhaushalt. Wie der Oberhessischen Presse vom
12.11.05 zu entnehmen war, soll dabei das KFZ mit einer Zuschusserhöhung
von 30.000 Euro rechnen können. Das ist eine Summe, mit
der die Weiterexistenz des KFZ gesichert werden kann und unser Publikum
mit einem weiterhin hervorragenden Programm rechnen kann.
Die Kürzungen der verschiedenen Geldgeber i. H. von insgesamt
40.000 Euro beim KFZ brachten das nominale Förderniveau im
Jahr 2005 auf das Level von 1998. Dies war für uns nicht mehr
tragbar, weshalb die vielen Aktionen unsererseits unternommen wurden.
Nun geht es, mit dem politischen Willen der Rot-Grünen Stadtregierung,
im KFZ weiter. Aber: der Haushalt 2006 ist noch nicht verabschiedet
und die in der OP genannten Vorhaben müssen auch tatsächlich
umgesetzt werden.
Sieht man sich in der Großen Politik um, so begreift man,
wie schnell alles anders werden kann. Scheinbar wollte da die Marburger
Provinz nicht nachstehen. Wer sich die Turbulenzen bei der Marburger
CDU und vielleicht im noch stärkeren Maße bei der hiesigen
FDP ansieht, kommt in den merkwürdigen Genuss zu zuschauen,
wie Personen mit Sach- und Fachkenntnis auf Listenplätze geschoben
werden, die dem Einsatz dieser Menschen für ihre Parteien nicht
gerecht werden. Ein schaler Geschmack bleibt nicht nur bei denen,
die in direkter Enttäuschung ihrer Person das Handtuch schmeißen.
Auch den eher unbeteiligten Zuschauer gruselt es bei solcherart
Ränkespiel und "Dankbarkeit" gegenüber Parlamentariern,
auch wenn er deren politische Position nicht teilt.
Wenn selbst CDU-intern von "bewusstem Verzicht von Sachkenntnis"
die Rede ist, weiß man als Kulturschaffender, welche Arbeit
wieder dahinter steht, Sachkenntnis mit Fraktionen zu erarbeiten.
Aber vielleicht werden wir eines Besseren belehrt und mit einer
neuen Generation von PolitikerInnen liest man zukünftig nicht
mehr, wie die OP vom 12.11.05 berichtet, "dass Kürzungsvorschläge
von CDU, FDP und Bürgern für Marburg (BFM) bei den Zuschüssen
für die Soziokultur" gefordert werden. Wobei das KFZ am
wenigsten in der politischen Schusslinie der Opposition liegt, sondern
andere Institutionen als nicht bzw. weniger förderwürdig
angesehen werden.
Nun stehen im Frühjahr 2006 Kommunalwahlen an, und
wir werden schon im Eigeninteresse genauere Vorstellungen der Parteien
zur Kulturpolitik in Marburg einfordern und die Debatte darum angehen.
Hierbei müssen in der kulturpolitischen Debatte Fragen
beantwortet werden wie:
Ist es nicht ein besonderes Merkmal der Stadt Marburg, solch eine
lebendige Kulturszene zu besitzen, welche die Stadt positiv von
anderen unterscheidet? Ist das nicht ein großes Pfund, mit
dem es zu wuchern gilt? Ist die Profilierung Marburgs über
diesen Kulturbereich auch überregional zu verankern? Spielen
nicht Universitätsstadt und intelligentes, avanciertes Kulturprogramm
Hand in Hand? Bedingen sich diese Beiden nicht gegenseitig? Wo liegen
die Zukunftsvisionen einer Stadt, in der es bei abnehmenden Studierendenzahlen
zunehmend darauf ankommen wird, ein Ambiente zu bieten, das über
eine gute Universität, bezahlbare Wohnungen und einer insgesamt
angenehmen städtischen Atmosphäre hinaus, auch kulturell
etwas zu erleben oder mit zu gestalten gibt? Was kann/muss die Kulturpolitik
dazu tun, eine attraktive Stadt zu entwickeln oder die Stadt attraktiv
zu halten?
Es gilt ein städtisches Profil zu entwickeln, welches
nach innen wie nach außen mit interessanten kulturellen Angeboten
Menschen fasziniert, welches geistige Nahrung fernab vom Mainstream
bietet und mit künstlerischem Genuss den Blick auf eine andere
Welt ermöglicht. Hierzu bedarf es der Menschen und Institutionen,
die solch ein Angebot tragen, organisieren und das fachliche know-how
dazu besitzen etc.. Das kommt nicht von allein, nicht ohne Kontinuitäten
in den Institutionen, aber auch nicht ohne Neues.
Marburg liegt im prozentualen Anteil des Kulturhaushaltes am Verwaltungshaushalt
im Vergleich mit andere Städten gar nicht vorne. Marburg hat
das Glück, dass es hier dennoch eine weitverzweigte Szene gibt,
die sich u.a. an den verschiedenen Orten und deren Möglichkeiten
festmacht. Diese Szene hängt stark mit der Bereitschaft vieler
Menschen zusammen, die mit ganz viel Engagement ehrenamtlich das
ermöglichen, was sonst für die Stadt unbezahlbar wäre.
Außer den potentiellen Möglichkeiten, sowie den ehrenamtlichen
Helfern muss es auch noch die Profis geben, die wissen, wie man
was angeht, um Kunst und Kultur zu präsentieren und auf die
Bühne zu bringen. Diese bilden das Rückgrat vor allem
in Bezug auf die formalen und zuweilen höchst qualifizierten
Dinge im Hintergrund.
Wenn man mit Kulturredakteuren spricht, die im Umkreis von Siegen
über Dillenburg, Herborn, Wetzlar, Gießen bis Marburg
Veranstaltungen rezensieren und dabei einen guten Teil ihrer Arbeitszeit
in Marburg verbringen, so ist dies ein Beleg dafür, dass diese
Szene und ihr qualifiziertes Angebot nicht nur eine Behauptung ist.
Wir können uns glücklich schätzen, wenn wir uns aus
dem genannten Städtereigen herausheben und wir sind der Auffassung,
damit sollte Marburg weiter punkten und sich ein (Kultur) Stadtprofil
ausbauen, welches die kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung
berücksichtigt, sowie die überregionale Bedeutung des
Kulturprogramms sinnvoll vermarktet.
Wir begrüßen es deshalb sehr, wenn Rot-Grün u.a.
mit einer verstärkten Förderung des KFZ den Ausbau der
Kulturszene vorantreibt, anstatt zurück zu fahren. Wir
sind gespannt, ob der Haushalt so verabschiedet wird, wie ihn Rot-Grün
vorsieht.
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