Ein Job jagt den nächsten!
Acht Hauptamtliche arbeiten seit Jahren schon in dieser Besetzung
im KFZ. Wir haben ein Stammpersonal wie es sich mancher Betrieb
wünscht. Teilweise seit über 20 Jahren werden Techniker
oder Geschäftsführer vom KFZ beschäftigt, die ein
reibungsloses Funktionieren der Arbeit absichern. Langjährige
Erfahrung auf buchhalterischer, werbe und organisatorischer Ebene
und und und . Alles das gehört zum KFZ dazu, und die langjährigen
Kontakte zu Künstlern, die einfach nur noch eine Bestätigungsmail
schreiben, statt einen regulären Vertrag mit allen möglichen
Klauseln, ist ein Teil dieser Akzeptanz, die wir in vielerlei Hinsicht
genießen.
Normalerweise hat man sich als Betrieb wie auch persönlich
nach den ersten 10 Jahren genügend etabliert und sieht gelassen
auf die schwierigen Anfänge zurück. Im KFZ ist das anders
und zeigt die Amerikanisierung der Verhältnisse auch
im Bereich von studierten Menschen, die immerhin etwas aufgebaut
haben, was so in dieser Form Seltenheitswert genießt. Denn
das KFZ ist eines der wenigen Zentren, welches trotz hohen Alters
(im Kulturbereich zumindest) von 31 Jahren mit einem hervorragenden
Kulturprogramm den Spagat zwischen Ehrenamt und Professionalisierung
mit einem großen (und großartigen) Team meistert und
so Festivals wie die Nacht der Stimmen oder das KFZopenair mit 40
MitarbeiterInnen umsetzt. Aber trotz so vieler helfender Hände
alles was das Publikum sieht, wird ehrenamtlich umgesetzt
ist die Bezahlung so gering, dass die meisten KFZ MitarbeiterInnen
ohne weiteren Job neben dem KFZ nicht über die Runden kommen.
Die meisten KFZ-Gehälter liegen zwischen 1000,- und 1600,-
Brutto (Wir haben Bezahlungen zwischen 401,- und 2200,- Brutto).
Aber selbst die 2200,- sind für Menschen mit Familie nur dann
tragbar, wenn jemand anderes innerfamiliär kräftig dazu
verdient, weil z.B. Kinder mit dran hängen, die auch leben
wollen. Wer im Kulturbereich arbeitet und seinem Kind wenigstens
eine Ausbildung an einem Instrument zugute kommen lassen möchte,
hat bei all diesen Kosten kräftig zu schlucken, gerade weil
oben so wenig nachläuft.
Folgerichtig: Nur wenige Hauptamtliche, die sich nicht über
anderweitige Jobs wie Kulturprojekte, Seminare an der Uni oder bei
der IG Metall, Sporttrainer, DJ oder anderweitige befristetet Jobs,
Geld dazuverdienen.
Was waren es doch schöne Zeiten, als es noch den Einen
Job gab, der zum Leben ausreichte!? So hat man verschiedene Ansprüche
auf diversen Ebenen zu erfüllen, das mag jung halten, aber
lässt einen gelegentlich recht alt aussehen. Also, wenn euch
die KFZtis mal nicht so freundlich oder gar eilig begegnen: Wir
sind gerade dabei den Wahlspruch des Vorgängers des (noch)
amtierenden amerikanischen Präsidenten für uns persönlich
fruchtbar zu machen: Jobs, Jobs, Jobs. Vielleicht wird ja
auch so erst eine Perspektive draus: Endlich an völlig verschiedenen
Ecken selbstständig tätig sein, sich immer wieder neu
positionieren, nicht einfach nur ein gutes Kulturprogramm machen,
sondern immer wieder voll am Kitzel des persönlichen Vorwärtskommens
bzw. Überlebens entlang sein Leben meistern.
Aber wir wollen nicht klagen, denn andere Betätigungen außerhalb
des KFZ öffnen die Augen, lassen über den berüchtigten
Tellerrand (hoffentlich gespült) schauen und die Weiterbildung
in diversen Bereichen findet so ohne Kosten für das KFZ statt.
Vielleicht kann man es einfach als Qualifizierungsoffensive verkaufen
und schon sind alle glücklich. Wem das nicht reicht, dem spendet
vielleicht der amerikanische Professor Richard Florida Trost, der
würde uns in die Creative Class eingruppieren,
ist doch schon mal was, oder? Klingt zwar nicht nach first, aber
schon mal Klasse.
Auf jeden Fall ist es für den Verfasser dieser Zeilen inhaltlich
wie persönlich wichtig, neben dem KFZ auch andere Projekte
umsetzen zu können und sich in diesem Rahmen in anderen
Kreisen zu bewegen. Das wird den anderen MitarbeiterInnen vermutlich
nicht anders gehen. Dennoch bleibt ein fader Beigeschmack bei der
Bezahlung im KFZ.
Nachdem wir grob unsere Tätigkeiten in den TvöD haben
einqualifizieren lassen stellte sich eine Lücke von
ca. 60.000 Euro heraus, die uns vom gesellschaftlich üblichen
Lohn trennen. Bei einer Lohnsumme von 135.000,- also ein ganz
erheblicher Teil.
Warum können wir nicht einfach die Löhne erhöhen,
die schon seit 2002 auf der beschriebenen Höhe verharren, wenn
sie nicht wegen Geldknappheit mal geschwind um 10% gekürzt
werden mussten? Wir haben seit 2000 bzw. seit 2003 einen Rückgang
öffentlicher Förderung, der an der obenstehenden Tabelle
ablesbar ist.
Dabei gehen wir für dieses Jahr von einer öffentlichen
Förderung wie in der Tabelle aufgeführt von insgesamt
ca. 150.000 Euro aus. Dies entspricht dem Förderbetrag der
öffentlichen Hände aus dem Jahr 1999,-. (Ja, 1,95583,
exakt umgerechnet). Insgesamt schaffen wir eine Eigenerwirtschaftungsquote
von ca. 70 %, was sich im bundesweiten Vergleich mit anderen Kulturzentren
absolut sehen lässt. Allein, wenn eben fast 10 Jahre in
der Förderung der öffentlichen Hände Stillstand herrscht,
kann man aus einem Betrieb wie dem KFZ wenig mehr herausholen,
da in diesem Geschäft eben kostendeckende Preise
nicht zu machen sind.
Auch räumlich wollen wir uns weiter entwickeln, aber bis heute
ist in dieser Richtung kein einziger neuer Quadratzentimeter entstanden,
weshalb auch von dieser Seite her keine großartig neuen Einnahmequellen
sprudeln.
Das bedeutet eben für die Mitarbeiter des KFZ, nach außen
zu schauen und das KFZ kann sich glücklich schätzen, dass
der Weg vieler Mitarbeiter nicht ganz aus dem KFZ herausgeführt
hat. Womit ich nicht grundsätzlich etwas gegen Wechsel in der
Belegschaft eines Betriebes sagen möchte, aber personelle Grundgerüste
eines Betriebes müssen natürlich erhalten bleiben. Es
wäre die Frage, ob das KFZ mit dem was es finanziell zu bieten
hat personelle Fluktuationen überhaupt auf dem Arbeitsmarkt
klären könnte. Bei jedem Hauptamtlichen, der hier arbeitet
sind Überstunden, Wochenendarbeit, unbezahlte Ehrenamtlichkeit
Voraussetzung und üblich. Das würde sich bei einer Stellenausschreibung
bestimmt gut machen
.. und bestimmt ganz besonders qualifiziertes
Personal nach sich ziehen.
Wir als KFZ haben die meisten Punkte, an denen Geld zu verdienen
ist, abgearbeitet. Man kann immer besser werden, klar. Wo es noch
hapert, ist z.B. eine noch bessere bürgerschaftliche Unterstützung
unserer Arbeit über einen stärkeren Förderkreis.
Was im Betrieb angegangen werden könnte, ist die Rationalisierung
der Arbeit über z.B. die Anschaffung einer Veranstaltersoftware,
die sich vielleicht nach Einführung zumindest in weniger Arbeitszeit
rechnet und zum Überstundenabbau in Teilbereichen führen
kann.
Teilweise wird unser Personal aber allein aufgrund der Verdienstsituation
im KFZ außerhalb im Einkauf von Leistungen wie in der Vermarktung
der eigenen Arbeitskraft auf den baT angewiesen sein. Bat? baT?
bar auf Tatze. Aber darüber reden meine Mitarbeiterinnen nicht
mit mir, wer wo wann welches Geld wem für was wie gibt? (Gibts
noch ein anderes w-Wort? Na, da freut sich der Deutschlehrer, aber
das Wie gehört da gar nicht hin, denn das ist doch klar. only
baT).
Erst einmal beantragen wir diese Lohnlücke von 60.000 Euro
als Zuschuss bei der Stadt Marburg und sind gespannt, ob wir wenigstens
in Teilen damit Erfolg haben. Geld ist vorhanden wie man am Nachtragshaushalt
der Stadt Marburg erkennen kann. Mal sehen, was das Argument
Kindeskinder und Zinseszinsen für die Marburger Kulturpolitik
bedeutet.
Wie groß der Wille des Marburger Stadtparlaments ist, lässt
sich hinterher auf jeden Fall in Zahlen ausdrücken, denn das
knappe Gut Geld macht unsere Welt zählbar.
Aber in die Zukunft schauen ist nicht mein Ding, weshalb dieser
Witz zum Schluss (extra für meine Kollegin) noch erzählt
werden muss: Zwei Hellseher unterhalten sich: Einen furchtbar
kalten Winter werden wir dieses Jahr haben. Ja, er erinnert
mich an den Winter 2043...
Gero Braach
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